In: Kirche IN 03/ 2017, S. 29
Ernüchtert konstatiert Hans Küng, der mit seinen zahlreichen theologischen Schriften so viel zum Thema Ökumene beigetragen hat, den weiterhin bestehenden „Stillstand der Amtskirchen in entscheidenden Fragen“. In der Tat: In Bezug auf gegenseitige Anerkennung der Ämter und gemeinsame Feier der Eucharistie hat sich seit 500 Jahren nichts geändert. Da helfen auch all die kultischen Verschleierungen dieser traurigen Tatsache durch die Amtsträger beider Kirchen nichts (Umarmungen, Friedensküsse, gemeinsame Auftritte in der Öffentlichkeit, besonders eindrucksvoll zelebriert von dem Dicken und dem Schlanken, nämlich von Marx und Bedford-Strohm).
Auch von Papst Franziskus, den er bei dessen Amtsantritt so hochgejubelt hat, ist Küng inzwischen enttäuscht. Denn trotz der schönen päpstlichen Worte von der „bereits versöhnten Verschiedenheit“ der katholischen und der protestantischen Kirchen wird auch der Neue auf dem Papstthron die Amtsträger der anderen Kirche nie als ebenbürtig anerkennen, weil sie ja das von Luther abgeschaffte Sakrament der Priesterweihe nicht empfangen haben, somit nicht berechtigt sind, in der hl. Messe das Ritual der Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Jesu Christi zu vollziehen. Ganz zu schweigen in diesem Zusammenhang von Küngs intimstem »Freundfeind«, Kardinal Ratzinger, bzw. Papst Benedikt, der den reformierten Kirchen sogar das Attribut des Kircheseins absprach.
Aber auch Küng selbst müsste man hier ein wenig tadeln. Denn trotz des gewaltigen Aufwands an Büchern, die er zum Thema Ökumene geschrieben hat, hat er in Bezug auf die ökumenische Praxis eher zu wenig getan. Niemals zum Beispiel hat er mit den protestantischen Brüdern gemeinsam Eucharistie gefeiert, wie das etwa der österreichische, in deutschen Universitätsdiensten stehende Professor Hasenhüttl getan hat. Dazu war dann der sieben Jahre in der Dressur römischer Jesuiten herangebildete Küng doch nicht mutig genug.
Außerdem hätte sich Küng ja nicht bloß theologisch-theoretisch, sondern auch praktisch-pastoral für die Aufhebung des Zölibats einsetzen können, denn auch dieser Aspekt spielt angesichts der ideologischen Erstarrung der zahlreichen Eunuchen im Vatikan eine nicht ganz unwesentliche Rolle bei der Verhinderung einer echten, gleichberechtigten Partnerschaft zwischen den Kirchen. Hätte ein so prominenter, auch in der säkularen Öffentlichkeit so bekannter Theologe wie Küng sich offen zu seiner Partnerschaft mit einer Frau bekannt, sie vielleicht sogar geheiratet, anstatt sie zu verheimlichen und noch in einem seiner letzten „Spiegel“-Interviews darauf hinzuweisen, dass er und sie streng getrennt in verschiedenen Etagen seines Hauses wohnen, dann hätte er damit vielen Amtsbrüdern Erleichterung, Befreiung und größere Anerkennung verschafft und vielleicht sogar die Amtskirche wirklich dazu gebracht, das unselige, menschenfeindliche Zölibatsgesetz endlich aufzuheben.

P.S: Zur Hintergrundinformation: Mynarek ist Autor der Bücher: “Herren und Knechte der Kirche”; “Luther ohne Mythos”; “Papst Franziskus. Die kritische Biografie“; „Warum auch Hans Küng die Kirche nicht retten kann“; „Verrat an der Botschaft Jesu – Kirche ohne Tabu“.

Erscheinungsdatum: 08.12.2017